MenschensBILDUNG
Karin & Svenka Kahl
99830 TREFFURT (D)

Neurodivergente Kinder im Burnout

Burnout bei neurodivergenten Kindern — ein unterschätztes Problem

Burnout wird oft als ein Phänomen betrachtet, das nur Erwachsene betrifft, insbesondere solche in stressigen Berufen. So lautet auch immer noch die offizielle Meinung der WHO. Doch immer mehr Experten warnen davor, dass auch Kinder von Burnout betroffen sein können — eine Tatsache, die in der öffentlichen Wahrnehmung UND leider auch in Schule und Medizinbetrieb bislang weitgehend ignoriert wird. Besonders neurodivergente Kinder, also solche mit Autismus, ADHS, Hochbegabung, Hochsensibilität, LRS, Dyskalkulie, Dyspraxie oder vergleichbaren Besonderheiten, sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, einen kindlichen Burnout zu erleiden.

Wie zeigt sich ein Burnout bei Kindern?

Burnout bei Kindern äußert sich ähnlich wie bei Erwachsenen, jedoch sind die Symptome oft schwieriger zu erkennen. Betroffene Kinder wirken emotional erschöpft, sind leicht reizbar, haben Probleme, sich zu konzentrieren, und zeigen oft einen Rückgang in ihrer schulischen Leistung. Häufig ziehen sie sich sozial zurück, verbringen viel Zeit allein mit Videospielen oder entwickeln körperliche Beschwerden wie Bauch- oder Kopfschmerzen, ohne dass eine organische Ursache gefunden werden kann. Hinter der Vermeidung oder Verweigerung von Anforderungen kann ebenfalls ein sich anbahnender oder bereits eingetretener Burnout stecken.

Der renommierte Kinderpsychiater Prof. Dr. Michael Schulte-Markwort hat in seinem 2015 geschriebenen Buch „Burnout-Kids“ und in zahlreichen Interviews darauf hingewiesen, dass Burnout bereits im Kindesalter ein ernstzunehmendes Problem ist. Er beschreibt die gesellschaftlichen Ursachen, schulischen Passungsprobleme und Lebensumstände, die manche Kinder so unter Druck setzen, dass ihre psychische Gesundheit massiv darunter leidet.

Warum sind neurodivergente Kinder besonders betroffen?

Neurodivergenten Kindern werden in der Schule erhöhte Anpassungsleistungen abverlangt. Das Schulsystem ist stark auf die Bedürfnisse und Lernvoraussetzungen neurotypischer Kinder ausgerichtet. Anforderungen wie stilles Sitzen, die langanhaltende Fokussierung auf viel zu einfache oder zu schwere Aufgaben, das Lesen bzw. Schreiben großer Textmengen, die soziale Anpassung an Gruppendynamiken sowie die sensorische Überforderung durch Lärm, schlechte Beleuchtung, Gerüche oder die Gefühle anderer Menschen im Raum können für neurodivergente Kinder extrem belastend sein.

Ständige Anpassungsversuche führen zu einem Zustand der „maskierten“ Erschöpfung: Viele neurodivergente Kinder bemühen sich, ihre Schwierigkeiten zu verbergen, um nicht negativ aufzufallen. Dieses „Maskieren“ kostet jedoch enorme Energie und kann langfristig zu einem Burnout führen.

Darüber hinaus erleben neurodivergente Kinder oft wenig Verständnis für ihre Bedürfnisse, sei es im Schulumfeld, im sozialen Leben oder sogar innerhalb der Familie. Wenn sie diese vorbringen, bekommen sie oft zu hören

  • Es gibt keine Extrawurst für dich!
  • Du musst dich anpassen!
  • Du machst jetzt “ganz einfach” dasselbe wie alle anderen Kinder auch!
  • Stell dich nicht so an!
  • Da müssen jetzt alle durch — du auch!

So lernen Kinder mehr und mehr, den eigenen Empfindungen und Signalen ihres Körpers zu misstrauen und immer wieder die Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit zu überschreiten.

Besonders die jungen Menschen, die geistig schon viel weiter entwickelt sind, als es ihrem Lebensalter und der emotionalen Reife entspricht, nehmen ihre Andersartigkeit sehr früh wahr und entwickeln empfindliche Antennen für tatsächliches oder erlebtes negatives Feedback von ihrem Umfeld. Während sie in der Schule noch weitgehend “funktionieren”, aus Angst, dass Verweigerung oder Gefühlsäußerungen ihre Situation verschlimmern, bricht die Anspannung in der sicheren Umgebung des Elternhauses aus ihren heraus.

Das ständige Gefühl, „nicht zu genügen“ oder „anders“ zu sein, kann die mentale Belastung für neurodivergente Kinder bis ins Unerträgliche steigern. Diese Verzweiflung strahlen sie dann aus, was sie in den Augen mobbender Mitschüler*innen zu idealen Opfern macht. Mit letzter Kraft versuchen sich die Kinder zur Wehr zu setzen — ohne Erfolg. Lehrkräfte, die die Notlage dieser jungen Menschen nicht erkennen, verstärken dann mitunter das Mobbing durch Täter-Opfer-Umkehr, statt es zu unterbinden. In vielen Fällen ist erlebtes Mobbing in der Schule der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt und das Nervensystem der jungen Menschen langfristig dysreguliert.

Burnout-Warnsignale ernst nehmen

Es ist entscheidend, die Warnsignale von Burnout bei Kindern frühzeitig zu erkennen. Dazu gehören:

  • plötzliche Leistungsabfälle in der Schule
  • chronische Müdigkeit oder Schlafprobleme
  • Reizbarkeit oder emotionale Labilität
  • soziale Rückzugstendenzen
  • körperliche Beschwerden ohne erkennbare Ursache

Eltern und Lehrkräfte spielen eine wichtige Rolle dabei, Burnout-Symptome zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Gespräche mit dem Kind, das Einbeziehen von Schulpsychologen und – wenn nötig – die Hinzuziehung einer Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie, einer ganzheitlich arbeitenden Kinderarztpraxis bzw. weiterer medizinischer -Fachleute sind wichtige Schritte, um die Gesundheit des Kindes wiederherzustellen.

Kinder im Burnout — Familie im Burnout!

Die Begleitung eines völlig erschöpften Kindes verlangt den Eltern und der ganzen Familie extrem viel Energie ab. Schnell dreht sich der gesamte Alltag um das erkrankte Kind, und die Bedürfnisse anderer Familienmitglieder kommen zu kurz. Auch am Wochenende und in den Ferien findet kaum noch Erholung und Entspannung statt. Das Grübeln über die Ursache der Erschöpfungsdepression ihres Kindes und darüber, ob und wie ärztliche Hilfe gefunden werden kann, ist für Eltern sehr belastend.

Es liegt in der Natur der Sache, dass Mütter und Väter die Verantwortung für die Gesundheit und das emotionale Wohlbefinden ihres Kindes übernehmen. Im Fall eines kindlichen Burnouts müssen sie sehr viele Herausforderungen meistern:

  • lange Wartezeiten auf Arzttermine und Therapieplätze
  • das Risiko von Fehldiagnosen und Verschlimmerung durch falsche Behandlung
  • fehlendes Verständnis für das schlechte Befinden des Kindes beim anderen Elternteil
  • Unverständnis des gesamten Umfeldes
  • ungebetene und nicht funktionierende Erziehungsratschläge
  • Bezeichnung als Helikoptereltern oder der Vorwurf, dass man sein Kind in Watte packt
  • mangelnde Kooperationsbereitschaft der Schule
  • fehlendes Wissen bei Lehrkräften
  • fehlendes eigenes Wissen, Selbstzweifel und Schuldgefühle
  • Umgang mit den eigenen Gefühlen und der eigenen Erschöpfung
  • Umstrukturierung und Anpassung des Alltags an die Bedürfnisse des kranken Kindes
  • Auseinandersetzung mit den eigenen Schulerfahrungen und den Erwartungen an das Kind
  • finanzielle Probleme, weil Therapien selbst gezahlt werden müssen und / oder ein Elternteil auf Arbeitseinkommen verzichten muss

Das alles kann schnell dazu führen, dass auch die Eltern oder sogar Großeltern oder Geschwister in den Strudel des Burnouts hineingesogen werden. Es gibt immer mehr Familien, wo ein Elternteil, meistens die Mutter, gar nicht mehr arbeiten kann. Hier benötigen alle Unterstützung, nicht nur das betroffene Kind selbst!

Kindern im Burnout — ohne Chance auf Heilung?

Bei Erwachsenen sehen wir es als normal und wichtig an, dass sich jemand mit Burnout erst einmal eine Auszeit nimmt, um mit therapeutischer Unterstützung wieder Kraft zu schöpfen. Meist ist es erst dann möglich, die Situation zu analysieren, die die Person in den Burnout geführt hat. Man findet heraus, welche Arbeitsbedingungen verändert werden müssen, damit sich der Burnout nicht wiederholt. In vielen Fällen ist ein Wechsel des Arbeitsplatzes oder des Berufsfelds wesentlicher Bestandteil der Heilung.

Von jungen Menschen unter 18 Jahren wird bei völliger Erschöpfung zumindest in Deutschland trotzdem verlangt, dass sie der sogenannten Schulpflicht nachkommen. Das heißt in den meisten Fällen, dass die Schüler*innen in dem Umfeld verbleiben müssen, das sie massiv erschöpft und oft immer wieder re-traumatisiert.

Wie können wir Burnout durch Passungsprobleme in der Schule verhindern?

Ein wichtiger Ansatzpunkt ist die Schaffung eines Lernumfelds, das die Bedürfnisse neurodivergenter Kinder besser berücksichtigt. Dabei darf nicht die Sonderbehandlung der betroffenen Schüler*innen im Vordergrund stehen, weil diese immer wieder für negative Aufmerksamkeit sorgt und Anlass zu Mobbing liefert. Es geht vielmehr um faire Lernbedingungen für alle.

Wichtige Maßnahmen können sein:

  • Differenzierung und individuelle Lernpläne: Schulen sollten flexiblere Lernkonzepte entwickeln, die auf die individuellen Stärken und Schwächen jedes Kindes eingehen. Unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeiten und individuelle Lösungen müssen zur Normalität werden.
  • Individuelle Pausen: Alle Schüler*innen sollten mehr Gelegenheiten bekommen, sich bei Bedarf während des Unterrichts zu entspannen oder überfordernden Situationen zu entfliehen.
  • Psychologische Unterstützung: Der Zugang zu Schulpsycholog*innen oder Therapeut*innen sollte verbessert werden, um betroffene Kinder frühzeitig zu unterstützen.
  • Zusammenarbeit von Lehrkräften, Therapeut*innen und Eltern: Eltern sind die Expert*innen für ihre Kinder, und es darf ihnen wieder mehr vertraut werden!
  • Sensibilisierung und Schulung: Lehrkräfte und Mitschüler*innen sollten über die Besonderheiten neurodivergenter junger Menschen und ihre Auswirkungen auf das Lernen aufgeklärt werden.
  • Ein ganzheitlicher, ressourcen- und lösungsorientierter pädagogischer Blick: Junge Menschen sind mehr als Schüler, und alle bringen einzigartige Potenziale mit. Vieles, was oberflächlich betrachtet ein Defizit ist, hat auch positive Facetten und zeigt sich so als Stärke. Wenn das Konzept der Neurodiversität gelebt wird, verbessern sich die Lern- und Arbeitsbedingungen für alle — neurodivergente wie neurotypische Menschen.
  • Unser Online-Workshop „Familie im Burnout“

    Unsere Familie — vor allem Svenka — hat alles hier Beschriebene am eigenen Leib erfahren müssen. Vor 10 Jahren, als es Svenka am schlechtesten ging, wagte es kaum jemand, einem Kind einen Burnout zu diagnostizierten (auch heute ist das von offizieller Seite noch gar nicht vorgesehen!). Wir haben in Berlin nicht nur eine mutige Ärztin gefunden, sondern auch die Bedingungen schaffen können, die es Svenka ermöglichten, sich ein Stück ihrer unbeschwerten Kindheit und Jugend zurückzuerobern.

    Seit dem Beginn von Svenkas Passungsproblemen habe ich mich als Mutter auf eigene Faust weitergebildet, um zur Expertin für mein Kind zu werden, und das kannst du auch! Ich wünsche dir, dass du einen Burnout deines Kindes verhindern kannst, indem du Risikofaktoren rechtzeitig erkennst und entsprechend handelst.

    Für mich war es ein langer und beschwerlicher Weg, und schon damals habe ich beschlossen, mein erworbenes Wissen und meine Erfahrungen an andere Familien weiterzugeben. Heute, nach zahlreichen Ausbildungen, dem persönlichen Austausch mit mehreren hundert Familien im durch schulische Passungsprobleme verursachten Burnout sowie mit Expert*innen verschiedener Fachrichtungen kann ich dir das nötige Wissen vermitteln, das du brauchst, um einen Burnout bei deinem Kind oder bei Schüler*innen zu verhindern oder zumindest frühzeitig zu erkennen und die nötigen Maßnahmen zu ergreifen.

    In meinem Vortrag erfährst du, wie unser Nervensystem auf Dauerstress reagiert, und an welchen Stellschrauben du drehen kannst, um die Belastungen von burnout-geplagten jungen Menschen und ganzen Familien zu senken.

    Im Anschluss stehe nicht nur ich dir für Fragen zur Verfügung, sondern auch Svenka als ehemals betroffenes Kind. Du bekommst meine Präsentation als PDF zugesandt und bereits vor dem Workshop ein eigens gestaltetes Workbook, in das du deine Erkenntnisse und den Plan zur Vorbeugung bzw. zur Gesundung deines Kindes schreiben kannst.

    Der Workshop findet am Sonnabend, dem 18. Januar 2025 von 10.00 bis ca. 12.30 Uhr zum ersten Mal per Zoom statt. Über diesen Link kannst du dich anmelden.

    Weitere Termine sind geplant. Schreibe uns gern, wenn der 18. Januar schon vorbei ist oder du an diesem Tag keine Zeit hast. Dann setzen wir deinen Namen auf die Warteliste und geben dir Bescheid, sobald der nächste Termin feststeht. Wenn du den Workshop exklusiv für deine Einrichtung oder deinen Verein buchen möchtest, schreib uns gerne an! Am einfachsten erreichst du uns, indem du oben rechts auf dieser Seite auf den WhatsApp-Button klickst oder eine E-Mail an info@menschensbildung.de schickst.