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Karin & Svenka Kahl
99830 TREFFURT (D)

Hilfe, mein Kind zockt nur noch und hängt dauernd am Handy!

Fragst du dich manchmal, warum Handy, Tablet und Laptop bzw. das Internet so eine Faszination auf unsere Kinder ausüben? Warum scheint dein Kind nur noch zu zocken und wenig andere Interessen zu haben?

Für mich ist das völlig natürlich, denn das sind die wichtigsten Werkzeuge unserer Kultur! Kinder sehen uns täglich stundenlang damit hantieren und die verschiedensten Aufgaben erledigen. Der Umgang mit digitalen Medien und das Suchen und Auswerten von Informationen mit deren Hilfe sind heute Kulturtechniken, die gleichberechtigt neben dem Lesen, Schreiben und Rechnen stehen.

Kulturtechniken unterliegen einem Wandel

In der Schule jedoch kam zumindest vor Corona ein Großteil der jungen Menschen höchst selten mit einem Computer in Kontakt. Die miserable Ausstattung der Schulen mit Hardware und die mangelnden IT-Kenntnisse vieler Lehrkräfte, manchmal gepaart mit einer ablehnenden Haltung, haben das Schulsystem ab März 2020 vor nie gekannte Herausforderungen gestellt. Spätestens da dürfte allen Eltern klar geworden sein, dass sie die Verantwortung für die Bildung ihrer Kinder nicht an die Schule abgeben können.

Insgesamt dürfen wir dankbar dafür sein, dass die Pandemie bei der Digitalisierung unserer Schulen so viel ins Rollen gebracht und so manchen verantwortlichen Erwachsenen gezwungen hat, seine Komfortzone zu verlassen. Dabei wurde viel Erstaunliches und Wertvolles geleistet!

Lernen, was relevant ist

Was heißt das nun konkret? Unsere Kinder möchten genau wie wir das lernen, was für sie von Bedeutung ist. Sie verstehen, dass das Internet ein universelles Medium ist, das es sich zu beherrschen lohnt. Auch heute nimmt das Erlernen dieser Fähigkeiten in den Lehrplänen in der Schule noch zu wenig Raum ein bzw. es ist schlecht strukturiert oder beginnt für viele Kinder zu spät. Also lernen sie den Umgang mit dem Netz eigenständig. Der indische Bildungsforscher Sugata Mitra hat bereits 1999 mit seinem “Hole-in-the-Wall”-Experiment nachgewiesen, dass junge Menschen dazu in der Lage sind. Berichte dazu findest du bei YouTube.

Eltern sind das wichtigste Vorbild

Natürlich wird sich dein Kind das meiste von dir abschauen, und du kannst es dabei prima unterstützen. Ich halte für wichtig, dass ihr über die Gefahren sprecht, die ja durchaus im Netz lauern: unangemessene Inhalte, Falschinformationen, Computerviren, Datenklau und Schlimmeres. Du kannst dein Kind nur davor schützen, wenn du mit ihm gemeinsam viel darüber lernst, und nicht, indem du es möglichst lange vom Internet fern hältst!

Sprecht unbedingt über das, was ihr online so macht. Interessiere dich dafür, was dein Kind spielt und welche Webseiten es besucht. Zeige ihm öfter etwas von dem, was du im Internet recherchierst oder schaut mal zusammen YouTube.

Auch was den Ausgleich zur anstrengenden Bildschirmarbeit betrifft, bist du das Vorbild. Wenn du selbst mit dem Handy ins Bett gehst und es auch bei Tisch nicht ohne aushalten kannst, dann wundere dich nicht, dass dein Kind es dir nachmacht. Und nein, deine Chatnachrichten und Mails sind NICHT wichtiger als die deines Kindes, auch wenn sie dienstlich bzw. geschäftlich sind! Von wem soll dein Kind hier lernen, gesunde Grenzen zu setzen, wenn nicht von dir?

Reale Erfahrungen für alle Sinne sind vorrangig

Digitale Medien dürfen niemals Ersatz für persönlichen Umgang und für Erfahrungen im echten Leben sein! Gerade kleine Kinder bilden ihre psychomotorischen Fähigkeiten noch aus. Das klappt nur, wenn sie sich viel bewegen und ihre Sinnesorgane schulen können. Bei Kindern sollten diese Aktivitäten auf jeden Fall im Vordergrund stehen, und auch da ist dein Vorbild maßgebend! Wann warst du zuletzt mit deinem Kind wandern, Rad fahren, im Zoo oder im Schwimmbad? Für einen Spaziergang, einen Spielplatzbesuch, ein spontanes Picknick oder Ballspiel sollte mehrmals in der Woche Zeit sein. Dann ist es auch kein Problem, wenn dein Kind frühzeitig mit Handy oder Tablet umgeht.

Auch Schulkinder brauchen Bewegung als Ausgleich für die sitzende Tätigkeit und die viele Nah-Arbeit in der Schule. Frische Luft und ein freier Blick in die Ferne tragen zu einem gesunden Schlaf und besserer Konzentration bei. Solange dein Kind genug davon bekommt, kannst du in Bezug auf Handy und PC unbesorgt sein. Sollte das nicht so sein, wirst du mit Medienverbot die Situation nur verschlimmern. Geh lieber ins Gespräch mit deinem Kind und sucht nach Möglichkeiten, wie ihr Sport und Outdoor-Aktivitäten wieder attraktiv machen könnt. Schließt euch am besten mit befreundeten Familien zusammen.

Wenn du den Verdacht hast, dass dein Kind spiel- oder internetsüchtig ist, dann überlege zuerst, welches unerfüllte Bedürfnis dahinter steckt. Lasse dich am besten rechtzeitig beraten. Oft haben außenstehende Fachleute einen klareren Blick auf die Situation und können frustrierte oder in sich gefangene junge Menschen besser erreichen als die eigenen Eltern. Nur mit Sanktionen erreichst du lediglich eine Verschlechterung eurer Beziehung und schaffst für dein Kind ein weiteres unerfülltes Bedürfnis, dem es potenziell mit einer Sucht begegnen könnte. Je früher du reagierst, desto besser. Aber so weit muss es nicht kommen, wenn Kinder behutsam an die digitalen Medien herangeführt werden.

Medienverhalten verantwortungsvoll begleiten ohne Verbote

Svenka stellte mir schon mit 2 Jahren Fragen, die ich ihr ohne das Internet nicht beantworten konnte (z.B. “Wie spricht ein Dachs?”). Ich nahm sie auf den Schoß und durchstöberte mit ihr das Tierstimmenarchiv. Mit etwa 4 Jahren bekam sie eine Laptop-Maus für ihre kleine Hand. Damit durfte sie, während ich am Nebentisch arbeitete, Puzzlespiele spielen und sich durch die Website der Sendung mit der Maus klicken. Tablets und Smartphones hatten wir damals noch nicht, und Fernsehen gab es nur bei Ompa. Als Svenka ein Jahr später schon etwas lesen konnte, habe ich ihr einige Websites für Kinder in die Lesezeichenleiste gelegt und ihr MS Paint zum Malen gezeigt.

In der 1. Klasse hat sie den Internetführerschein abgelegt. Die Seite hatte sie selbst über ein Kinderportal gefunden. Sie konnte da auch schon selbstständig Fragen zu ihren gelesenen Büchern in Antolin beantworten. In der 2. Klasse hat sie am Mathe-MOOC für Erwachsene bei iversity teilgenommen. Seit der 3. Klasse ist sie in den sozialen Netzwerken unterwegs und hat ein Tablet. Das Handy gab es erst mit knapp 13 Jahren.

Computerspiel als Ersatz für fehlende Freiräume und wichtige Selbstwirksamkeitserfahrung

Junge Menschen haben ein sicheres Gespür dafür, wie sie ihre ureigenen Bedürfnisse nach persönlichem Wachstum, Selbstwirksamkeit, Wertschätzung und Zugehörigkeit zu einer für sie sicheren und inspirierenden Gemeinschaft befriedigen können.

Zocken, am Handy daddeln oder stundenlanges Scrollen in den Sozialen Netzwerken ist bei ihnen auch Ausdruck ihres ganz normalen Autonomiestrebens. Unser Nachwuchs verbringt viel mehr strukturierte Zeit unter Aufsicht von Erwachsenen als wir in unserer Kindheit. Viele haben kaum noch Freiräume, wo sie frei spielen, sich entspannen, Dinge ausprobieren, Risiken eingehen, selbstbestimmt lernen und miteinander interagieren dürfen.

Computerspiele sind meistens sehr klug nach den Erkenntnissen der Hirnforschung aufgebaut. Für erlernte Fähigkeiten wird der Spieler unmittelbar belohnt, indem er das nächste Level erreicht. Das Spiel passt sich immer perfekt an das jeweilige Fähigkeitsniveau an und bietet Aufgaben, die knapp darüber liegen und somit Erfolgserlebnisse ermöglichen. So werden im Prozess des Spielens angenehme Emotionen angesprochen, die das Lernen und Dranbleiben erleichtern. Die gesamte unterhaltsame Aufmachung verstärkt diesen Effekt.

Zum Glück gibt es inzwischen auch Lern-Apps wie König der Mathematik oder Duolingo, die nach diesen Prinzipien funktionieren. Spielen ist die effektivste Art des Lernens überhaupt. Auch Wissenschaftler, Erfinder und Künstler tun im Grunde genommen nichts anderes. Deshalb hat in der Erwachsenenbildung der Trend Gamification schon lange Einzug gehalten, während vor allem das staatliche Schulsystem in diesem Bereich noch viel Nachholbedarf hat. Wenn du es nicht glaubst, blättere einmal einige Lehrbücher für das Gymnasium durch und vergleiche sie mit solchen für Erwachsene!

Nur durch Vertrauen kann Selbstregulation erlernt werden!

Mit 11 Jahren wechselte meine Tochter an eine demokratische Schule, wo es wesentlich mehr Freiheiten gibt als im staatlichen Schulsystem. Da wurde dann zunächst jedes noch so primitive Spiel ihrer Freunde ausprobiert. Für einige Wochen schien das Töchtis Lebensinhalt zu sein. Dann wurde es plötzlich wieder uninteressant bis auf gelegentliches Minecraft-Spielen oder selten mal eine Runde Overwatch mit ein paar Kumpels. “Zocken” war nie ein Reizthema. Wir haben auch nie die Zeit beschränkt, außer wenn dringende Aufgaben wie Sachen packen oder Müll rausbringen anstanden.

Dass Bildschirm gucken anstrengend ist, vor allem dann, wenn man deshalb zu wenig schläft, hat Töchti aus Erfahrung lernen dürfen. Sie spürte irgendwann selbst, wann es Zeit war, die Inliner an die Füße zu ziehen und nach draußen zu gehen.

Was Svenka mit Hilfe von Tablet und Stift inzwischen zaubert, kannst du regelmäßig in den sozialen Netzwerken, hier auf der Website, im Newsletter und unseren Printmedien bewundern. Hätte ich die Zeit begrenzt, die sie am Tablet sein darf, hätte sie vielleicht nie ihr Talent für und ihr Interesse an digitaler Kunst entdeckt.

Wir waren immer über alles im Gespräch, und es gab nie auch nur den Anschein eines Pro­blems. Natürlich ist unser Beispiel nicht auf jedes Kind übertragbar, aber die grundsätzliche Herangehensweise ist es schon!

Auf unserer Facebookseite und auf dem Instagram-Profil sowie in unserem Newsletter bekommst du von uns regelmäßig Tipps für kindgerechte und unterhaltsame Websites, Apps, Computerspiele und Podcasts. Stöbere am besten gleich mal danach!

Wenn das Medienverhalten deines Kindes für dich nicht akzeptabel ist, melde dich gern bei mir und lass uns gemeinsam nach einer Lösung suchen!