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Karin & Svenka Kahl
99830 TREFFURT (D)

Schulformen und alternative Bildungswege

Welche Schulformen und alternativen Bildungswege gibt es?

In letzter Zeit bekomme ich wieder sehr viele Fragen zu bestimmten Schulformen und alternativen Bildungswegen. Deshalb möchte ich mit diesem Beitrag ein wenig Licht in das Dunkel der Begriffe bringen.

Was ist Bildung überhaupt?

In der gegenwärtigen Diskussion wird der Begriff Bildung sehr oft mit Ausbildung oder Beschulung gleichgesetzt. Das halte ich überhaupt nicht für angebracht, denn Bildung und Lernen geschehen immer und überall. Zeit unseres Lebens setzen wir uns mit unserer Umwelt auseinander, lernen und verändern uns, um die uns gestellten Anforderungen zu meistern.

Bildungsbegriffe gibt es sehr viele. Ich habe mich an einer eigenen Definition versucht:

“Bildung ist die fortwährende Auseinandersetzung eines Individuums mit seiner Lebenswirklichkeit beziehungsweise die daraus resultierende Persönlichkeitsentwicklung sowie der Zuwachs an Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Damit ist Bildung unmittelbar abhängig von der Umgebung, in der das Individuum lebt.”

Die sogenannte Schulpflicht ist unmenschlich!

Für die Mehrheit der jungen Menschen ist eine Schule ein guter Ort zu lernen. Innerhalb unseres staatlichen Schulsystems findet jedoch eine sehr gegenläufige Entwicklung statt.

Während auf der einen Seite die Kinder und Jugendlichen immer unterschiedlicher werden, und die Zahl derer stetig steigt, die durch unsere unnatürliche Lebensweise Schaden nehmen und besondere Bedürfnisse haben, wird der Rahmen, in den sich die Schüler einpassen müssen, immer enger und der Druck immer höher.

Selbst junge Menschen, die massiv unter der Schule leiden, weil sie ihnen nicht gerecht werden kann, werden ohne Rücksicht auf ihre Gesundheit in die Schule gezwungen, auch wenn ihre Eltern bereit und in der Lage sind, für eine hochwertige Bildung ihrer Kinder zu sorgen.

Der Fehler besteht darin, dass man davon ausgeht, dass wir junge Menschen zwingen müssen, sich zu bilden. Der Blick für die Potenziale und die Begeisterung für das Lernen, die die Kinder mitbringen, ist im Schulsystem leider weitgehend verloren gegangen.

Eine Abschaffung der Schulpflicht würde keineswegs zu einer Massenflucht führen, sondern vielmehr zu einer Verbesserung der Bedingungen auch innerhalb des Schulsystems und auch für die dort tätigen Pädagogen.

Selbstbestimmte Bildung

Jedem Menschen sind der Wunsch zu lernen und die Fähigkeit sich zu bilden angeboren. Daraus folgt, dass junge Menschen keinerlei Belehrung und Reglementierung brauchen, sondern sich frei entscheiden und selbstständig bilden können.

Was sie dazu brauchen, ist eine sichere und anregende Umgebung, eine Gemeinschaft, in der sie sich aufgehoben fühlen, Vorbilder, an denen sie sich orientieren können und Aufgaben, an denen sie wachsen können.

Erwachsene haben hier die Rolle, die Lernumgebung zu gestalten und den jungen Menschen zur Seite zu stehen, ohne sie zu bevormunden, ungefragt zu bewerten und sich unnötig in den Lernprozess einzumischen.

Bei der selbstbestimmten Bildung bleibt die uns innewohnende (intrinsische) Lernmotivation erhalten. Begeisterung ist hier Auslöser für die Aktivitäten des Lerners und wirkt als “Dünger” für das Gehirn. Dadurch ist das Lernen nachhaltig und effektiv.

Selbstbestimmte Bildung ist also prinzipiell in jedem Rahmen möglich, solange der junge Mensch selbst und frei von Manipulation durch Erwachsene darüber entscheidet, was, wie, wann, wo, von wem und mit wem er lernen möchte! Sein idealer Lernort kann also durchaus auch das staatliche Schulsystem sein (kommt leider bei tatsächlicher Wahlfreiheit nicht oft vor – welches eine Menge über den Zustand der öffentlichen Schulen aussagt). Würden der Schulzwang und das Bildungsmonopol der Schule fallen, könnte sich das schlagartig ändern!

Der amerikanische Entwicklungspsychologe Peter Gray hat anhand zahlreicher Studien mit jungen Menschen, die sich selbstbestimmt bilden, 6 Bedingungen herausgearbeitet, die für eine selbstbestimmte Bildung förderlich sind.

Das sind:

  1. eigene Verantwortung der jungen Menschen für ihre Bildung von Anfang an
  2. unbegrenzte Zeit zum freien Spielen
  3. Gelegenheit zum Spielen mit den Werkzeugen der Kultur
  4. freie Altersmischung
  5. Zugehörigkeit zu einer stabilen, unterstützenden und respektvollen Gemeinschaft
  6. Kontakt mit und Vorbild von Erwachsenen, die unterstützen und NICHT ungefragt bewerten

Hier ist der Original-Artikel dazu.

Welche Schulformen gibt es in Deutschland?

Regelschulen

Hierunter verstehen wir staatliche Schulen ohne besonderes pädagogisches Konzept, wie es sie flächendeckend gibt. Sie kommen als Grundschulen, Sekundarschulen, Hauptschulen, Realschulen, Gesamtschulen, Gemeinschaftsschulen oder Gymnasien vor.

Förderschulen

Das sind Schulen für junge Menschen mit einem anerkannten sonderpädagogischen Förderbedarf bzw. einer festgestellten Behinderung. Das Gute an diesen Schulen sind die kleinen Klassen, wodurch der einzelne Schüler mehr Aufmerksamkeit erfährt. Auch gibt es hier mehr Toleranz für die Besonderheiten der jungen Menschen.

Spezialschulen

Hierbei handelt es sich um Schulen mit besonderem Fächerangebot oder Förderschwerpunkten wie Naturwissenschaften, Sprachen, Musik oder Sport. Diese Schulen richten sich an Hochleister.

Reformpädagogische Schulen

Unter diesen Begriff fallen Waldorfschulen, Montessorischulen, Jenaplanschulen und andere Schulen mit einem besonderen pädagogischen Konzept. Diese Schulen können in staatlicher oder freier Trägerschaft sein. Meistens ist hier der Anteil an Freiarbeit und projektbezogenem Unterricht höher als an Regelschulen. Oft wird auch besonderer Wert auf die Beziehung zwischen Lehrkraft und Schülern und die Ausstattung der Unterrichtsräume gelegt.

Modellschulen

Diese Schulen sind Vorreiter für neue Bildungs- und Unterrichtskonzepte, in der Regel innerhalb des staatlichen Schulsystems. Dafür gibt es meist eine zusätzliche Geldzuwendung vom Staat.

Freie Schulen

Der Begriffsteil “frei” bezieht sich hier nicht auf das Konzept, sondern auf die freie Trägerschaft z.B. durch einen Verein, eine Stiftung oder eine Religionsgemeinschaft. Deshalb hier unbedingt genau hinschauen!

Freie Alternativschulen

Diese Schulen arbeiten nach einem Konzept, das flexibler ist als das der Regelschule und klassischer reformpädagogischer Schulen. Schüler haben hier wesentlich mehr Mitbestimmungs- und Gestaltungsspielraum. An den meisten dieser Schulen wird Augenhöhe als pädagogisches Prinzip umgesetzt. Staatlich anerkannte Schulabschlüsse werden teilweise als Schulfremdenprüfung abgelegt.

Viele dieser Schulen haben sich in einem Bundesverband zusammengeschlossen.

Demokratische Schulen / Sudburyschulen

Diese Schulen gehören zu den freien Alternativschulen und arbeiten konsequent nach demokratischen Grundsätzen. Jedes Mitglied der Schulgemeinschaft hat ein gleichwertiges Stimmrecht. Augenhöhe, Vertrauen, Eigeninitiative und Eigenverantwortung sind zentrale Werte, die gelebt werden. Die Strukturen sind sehr frei bzw. so, wie die jungen Menschen sie selbst gestalten. Erwachsene Mitarbeiter verpflichten sich, die jungen Menschen bei all ihren selbst gewählten Zielen bestmöglich und ohne ungefragte Bewertung zu unterstützen. Staatlich anerkannte Schulabschlüsse sind als Schulfremdenprüfung möglich.

Mehr über diese Schulen erfährst du hier.

Distanzlernen

Der schulische Unterricht wird unter Pandemiebedingungen oder für kranke Kinder mit Hilfe von Videokonferenzen, Telefonaten, E-Mails und vorgegebenen Aufgaben nach Hause verlagert. Die Verantwortung und Gestaltungshoheit liegt ausschließlich bei der Schule. Dies ist KEIN Homeschooling!

Fernschule

Ähnlich wie beim Distanzlernen bleibt der Schüler im häuslichen Umfeld oder im Krankenhaus. Der Unterricht wird von speziell darauf spezialisierten Schulen, wie zum Beispiel der Web-Individualschule, durchgeführt. Oft ist hier 1:1-Betreuung möglich. Die Genehmigung sowie Finanzierung durch das Jugendamt auf der Grundlage von §35a SGB VIII sind an sehr enge Voraussetzungen bzw. Diagnosen gebunden.

Was, wenn keine der Schulformen passt?

Homeschooling

Hier werden die jungen Menschen zu Hause von den Eltern oder Hauslehrern unterrichtet. Es gibt mehr oder weniger feste Strukturen wie Fächer, Lehrplan und Stundenplan, durch die die Schule zu Hause nachgeahmt wird. Die Verantwortung und Gestaltungshoheit liegt überwiegend bei den Eltern. Homeschooling ist in Deutschland kaum umsetzbar, weil von Gesetzes wegen nicht erlaubt.

Freilernen / Unschooling

Diese beiden Begriffe werden synonym gebraucht. Im deutschsprachigen Raum sprechen wir von Freilernen. Dabei machen Erwachsene dem jungen Menschen keinerlei Vorgaben, sondern bieten ihm lediglich eine geeignete Lernumgebung an, stehen zur Verfügung, begleiten behutsam und leben ihre Werte vor. Der junge Mensch entscheidet selbst, ob er einen anerkannten Schulabschluss möchte oder nicht. Diese Form der Bildung ist in Deutschland illegal, in vielen anderen Staaten der Welt jedoch erlaubt oder zumindest geduldet.

Wer mit seinen Kindern diesen Weg einschlägt, kann sich trotzdem von schulähnlichen Institutionen beraten und begleiten lassen. Einige vergeben sogar Abschlüsse, zum Beispiel die Clonlara-School.

Worldschooling

Das ist eine besondere Form des Freilernens, die auf Reisen stattfindet. In Anbetracht der rechtlichen Lage in Deutschland entscheiden sich viele Freilernerfamilien in Deutschland zumindest zeitweise für diese Variante und melden ihren Wohnsitz in Deutschland meist solange ab, um mit dem Wohnmobil fremde Länder und Kulturen zu erobern.

Habe ich noch etwas vergessen oder möchtest du mehr wissen? — Dann schreibe mir!